Das dominante Zürcher Opernhaus und daneben der niedrige, zurückhaltende, Baukörper des Bernhard-Theaters, des Architekten Claude Paillard
(Foto Heinrich Frei)
Am 18. Juni 2023 wird in der Schweiz über das Klima- und Innovationsgesetz abgestimmt. Die Schweiz soll bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden, wird angestrebt. Auch nach dieser Abstimmung darf nicht vergessen werden: Der Erhalt von bestehenden Bauten ist ein wichtiger Punkt, netto null CO2 Emissionen im Bausektor zu erreichen. Etwa 50 Prozent der CO2 Emissionen eines Gebäudes während seiner Lebensdauer wird verbraucht für die Produktion der Rohstoffe, der Herstellung von Bauteilen, für den Bau, den Transport und die Entsorgung. Dennoch werden nicht nur in Zürich viele gut erhaltene und auch architektonisch wertvolle Bauten weiter abgebrochen. Der Architekt Horst Eisterer und der Ingenieur Norbert C. Novotny, haben sich eingehend mit Fragen der Nachhaltigkeit im Sektor Bauen auseinandergesetzt.
Fall Bernhard-Theater neben dem Opernhaus Zürich, Baujahr 1984
Das Bernhard-Theater in Zürich wurde 1984 nach Plänen des Architekten Claude Paillard gebaut. Paillard hat das Bernhard-Theater mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bis ins Detail gut gestaltet. Der niedrige zurückhaltende, Baukörper passt mit dem rötlich eingefärbten Sichtbeton farblich sehr gut zu dem dominanten alten Opernhaus.
Das Restaurant Bernadette über dem Bernhard-Theater (Foto Heinrich Frei)
Wie die Bauprofile zeigen, soll jetzt das Bernhard-Theater im hinteren Teil aufgestockt werden. Der Architekt Walter Wäschle wäre sogar dafür das heutige Gebäude des Bernhard-Theaters zu ersetzen. Wäschle meinte: «Für den Architekten gibt es deshalb nur eines: weg mit dem «Fleischkäse», zumal dieser nicht unter Schutz stehe. An seine Stelle soll ein viergeschossiger Neubau entstehen, damit der Sechseläutenplatz eine «homogene Front und einen klaren Abschluss» erhält.» Wäschle würde diesen Ersatz des heutigen Bernhard-Theater Gebäudes als Fortsetzung der Blockrandbebauung am Utoquai sehen. (*) («Fleischkäse» wird das Gebäude des Bernhard Theater mit dem rötlich eingefärbten Sichtbeton in Zürich abschätzig benannt)
IIch bin nicht gleicher Meinung wie Walter Wäschle: Durch ein vierstöckiges Gebäude am Utoquai würde das Opernhaus seine beherrschende Stellung am Sechseläuteplatz verlieren, vom Bellevue und auch vom See aus gesehen.
Der Sechseläuteplatz mit dem Zürcher Opernhaus und daneben der niedrige zurückhaltende, Baukörper des Bernhard-Theaters, des Architekten Claude Paillard (Bild Google Earth)
Fall Hallenbad Zürich-Oerlikon, Baujahr 1978
Das Hallenbad Zürich-Oerlikon, Baujahr 1978 soll auch abgebrochen und auf der anderen Seite der Wallisellenstrasse neu gebaut werden. Besser wäre es das heutige Hallenbad in Zürich-Oerlikon zu sanieren, wie man das schon mehrere Male mit dem Hallenbad in der City Zürichs gemacht hat das 1941 gebaut wurde. Interessant beim Hallenbad City: Man baute schon damals eine Wärmepumpe ein, gespiesen mit Wasser aus dem Schanzengraben.
Hallenbad in Zürich Oerlikon, Baujahr 1978, (Fotos: Heinrich Frei)
Fall Mensa UNI Irchel, Baujahr 1979
Sicher zur Freude des Baufilzes soll auch die Mensa der UNI Irchel in Zürich wegrasiert werden. Baujahr der Mensa 1979. An die Stelle der Mensa soll ein 60 Meter hohes Hochhaus errichtet werden.
Mensa der Universität Irchel in Zürich, Baujahr 1979. Foto: (Heinrich Frei)
Fall Brunaupark in Zürich, Baujahr 1977 – 1982 und später
Die Pensionskasse der Grossbank Credit Suisse plant im Brunaupark in Zürich ihre Siedlung mit 400 Wohnungen abzubrechen, Ein Teil der Überbauung ist erst 27 respektive 30 Jahre alt. Die Pensionskasse will ihre Rendite durch einen Neubau optimieren.
Ade Gartenstadt Schwamendingen in Zürich
Die Gartenstadt Schwamendingen in Zürich, die der Architekt A. H. Steiner nach dem Zweiten Weltkrieg konzipierte, wird Schritt für Schritt mit der Zerstörung von familienfreundlichen Siedlungen und einer verdichteten Bauweise zu Grabe getragen. Mit dem Bau von riesigen Wohnkasernen sinkt die Lebensqualität, besonders für Kinder.
Der Dichter und Politiker Gottfried Keller (1819 – 1890) schrieb: «Es wird eine Zeit kommen, wo in unserem Lande sich grosse Massen Geldes zusammenhängen, ohne auf tüchtige Weise erarbeitet worden zu sein; dann wir es gelten dem Teufel die Zähne zu weisen…»
Fussnoten
Das Opernhaus Zürich, früher das Stadttheater, wurde durch das Wiener Architektenbüro Fellner und Helm entworfen und 1891 eingeweiht.1961 wurde das Projekt des Architekten William Dunkel für einen Neubau des Zürcher Stadttheaters (Opernhaus) erstprämiert. In den folgenden Jahren wurde auf einen Abbruch verzichtet. Es wurde auch erwogen das Opernhaus Richtung Bellevue zu verschieben. Das noch heutig tätige Unternehmen Iten reichte für diese Verschiebung eine Offerte ein, wie uns Herr Iten sagte, als wir damals, etwa 1974 in Steckborn am Bodensee durch die Firma Iten ein Haus verschieben liessen.1980 wurde das Opernhaus renoviert und das heutige Bernhardtheater angebaut.
(*) Der Fleischkäse muss wohl weg: Zürcher Opernhaus plant Grossumbau (nzz.ch)
Kommentar von Norbert C. Novotny
Dr. sc. techn. ETHZ Norbert c. Novotny, Architekt und Ingenieur SIA FEANI EURING, ehem. Dozent Raumplanung ETHZ und EPFL, hat zu dem Text eine Ergänzung geschrieben: „der die Unfähigkeit und die Unehrlichkeit der Planung -nicht nur in Zürich- zeigt.“ … „Es kommt mir vor, als ob die Planungsmethodik hier die letzten 50 Jahre verschlafen hat. Und das kann ich gut beurteilen, ich habe in Zürich und in Lausanne das unterrichtet.
Norbert Novotny
(Ver)Dichtung und Wahrheit, Zürich too big to fail
Die Dokumentation von Heinrich Frei zeigt die von Hochmut und Falschinformation geprägten Fehlplanungen der Stadt Zürich der letzten Jahre. Steht die Stadt Zürich auch vor einem «too big to fail» Problem für seine ehrgeizige Stadtentwicklung? In der Gemeindeordnung verpflichtet sie sich zur Erreichung der Ziele: Reduktion des Energieverbrauchs auf 2000 Watt Dauerleistung pro Einwohner und der Treibhausgasemissionen auf netto null bis 2040. Das heisst 1 Tonne CO2 pro Jahr und pro Einwohner, heute sind es 4-5 Tonnen. 2019 verfasste Zürich den Erweiterungsgplan bis 2040 für eine halbe Million Einwohner. Mit den Zielen für 2040 wird es die Verdoppelung der jetzigen Baumasse von Zürich geben. Die Stadt fördert eine hektische Bautätigkeit. Hochhäuser von bis zu 80 Meter Höhe werden zugelassen. Wird ein 80 Meter langes liegendes Haus vertikal gestellt, braucht es für das gleiche Volumen 30 mal mehr Bauenergie und damit nicht erneuerbare Energien, die Statik des Baues, die Erschliessungssysteme sind wesentlich aufwendiger. Es stört mit grossen Fundamenten die Grundwasserströme, erzeugt wirbelartige Windverhältnisse und wirft Schatten. In der laufenden Revision der BZO wird die Stadt für die graue Energie nicht die geltenden Normen des SIA mit einer Berechnung mit der gesamten Energie eines Objektes über seine Lebenszeit (LCA) anwenden. Ausserdem erhöht sie die Ausnützungsziffer auf Gebieten mit 3 oder4 geschossigen alten Häusern und verursacht damit deren Abbruch, ein Energieverschleiss. Trotz Energiesparen der Bauindustrie wird sich die CO2 Emission bis 2040 auf 8-9 Tonnen pro Einwohner und pro Jahr erhöhen. Der Einsatz erneuerbarer Energien ist energieintensiv und braucht Zeit. Die Gleichung der Steigerung von Umfang und Tempo kann nicht aufgehen und ist unrealistisch. Wird wieder der Bürger die Rechnung für diese Blauäugigkeit mit zahlen müssen?
Dr. sc. techn. ETHZ Norbert c. Novotny
Architekt und Ingenieur SIA FEANI EURING
em. Dozent Raumplanung ETHZ und EPFL
(Ver)Dichtung und Wahrheit, Zürich too big to fail
Die Dokumentation von Heinrich Frei zeigt die von Hochmut und Falschinformation geprägten Fehlplanungen der Stadt Zürich der letzten Jahre. Steht die Stadt Zürich auch vor einem «too big to fail» Problem für seine ehrgeizige Stadtentwicklung? In der Gemeindeordnung verpflichtet sie sich zur Erreichung der Ziele: Reduktion des Energieverbrauchs auf 2000 Watt Dauerleistung pro Einwohner und der Treibhausgasemissionen auf netto null bis 2040. Das heisst 1 Tonne CO2 pro Jahr und pro Einwohner, heute sind es 4-5 Tonnen. 2019 verfasste Zürich den Erweiterungsgplan bis 2040 für eine halbe Million Einwohner. Mit den Zielen für 2040 wird es die Verdoppelung der jetzigen Baumasse von Zürich geben. Die Stadt fördert eine hektische Bautätigkeit. Hochhäuser von bis zu 80 Meter Höhe werden zugelassen. Wird ein 80 Meter langes liegendes Haus vertikal gestellt, braucht es für das gleiche Volumen 30 mal mehr Bauenergie und damit nicht erneuerbare Energien, die Statik des Baues, die Erschliessungssysteme sind wesentlich aufwendiger. Es stört mit grossen Fundamenten die Grundwasserströme, erzeugt wirbelartige Windverhältnisse und wirft Schatten. In der laufenden Revision der BZO wird die Stadt für die graue Energie nicht die geltenden Normen des SIA mit einer Berechnung mit der gesamte Energie eines Objektes über seine Lebenszeit (LCA) anwenden. Ausserdem erhöht sie die Ausnützungsziffer auf Gebieten mit 3 oder4 geschossigen alten Häusern und verursacht damit deren Abbruch, ein Energieverschleiss. Trotz Energiesparen der Bauindustrie wird sich die CO2 Emission bis 2040 auf 8-9 Tonnen pro Einwohner und pro Jahr erhöhen. Der Einsatz erneuerbarer Energien ist energieintensiv und braucht Zeit. Die Gleichung der Steigerung von Umfang und Tempo kann nicht aufgehen und ist unrealistisch. Wird wieder der Bürger die Rechnung für diese Blauäugigkeit mit zahlen müssen?
Dr. sc. techn. ETHZ Norbert c. Novotny
Architekt und Ingenieur SIA FEANI EURING
em. Dozent Raumplanung ETHZ und EPFL