In der Gemeindeordnung verpflichtete sich die Stadt Zürich zur Reduktion des Energieverbrauchs auf 2000 Watt Dauerleistung pro Einwohner und der Verminderung der Treibhausgasemissionen auf netto null bis 2040. Mit den neuen Hochbauvorschriften, die den Bau von vielen Hochhäusern in Zürich erlauben wird, kann dieses Ziel nie erreicht werden. Wie der ETH-Ingenieur Norbert C. Novotny feststellte, «führt der Bau von Hochhäusern zu höheren Baukosten und zu höheren Mieten», Mieten die für einen Arbeiter unerschwinglich sind. «Der Benutzer eines solchen Hochhauses verbraucht statt dem als Ziel festgelegt 1 Tonne CO2 etwa 10 Tonnen CO2 pro Jahr (heute gemäss Statistik der Stadt Zürich etwa 4 Tonnen pro Jahr)»
Drittes Bürohaus der SBB AG beim Bahnhof Zürich-Oerlikon
Bei der Regensbergerbrücke in Zürich-Oerlikon will die SBB AG ein 40 Meter hohes, achtgeschossiges Geschäftshaus bauen, das dritte beim Bahnhof Oerlikon. Früher stand dort ein Güterschuppen. Als er von der SBB nicht mehr benutzt wurde, gab es dort ein Versammlungslokal wo sich Gastarbeiter am Abend und in der Freizeit trafen. Irgendwann wurde der Schuppen abgerissen.
Geplant: Geschäftshaus der SBB AG bei der Regensbergerbrücke in Oerlikon
Ist der Bau dieses neuen Bürohauses bei der Regensbergerbrücke sinnvoll? Der Franklinturm beim Bahnhof Oerlikon ist noch nicht vollständig vermietet. Beim Andreasturm hatte die SBB AG auch Mühe Mieter zu finden. In Oerlikon stehen tausende Quadratmeter Büroflächen leer. Auch durch das Homeoffice braucht es weniger Büros. Die SBB AG als öffentliches Unternehmen sollte bei ihren Bauvorhaben auch gesamtwirtschaftliche Fragen berücksichtigen und hätte in Oerlikon bei den vielen leerstehenden Büroräumen nicht noch den Andreas und den Franklinturm bauen sollen, obwohl an dieser guter Lage die Vermietung leichter ist als im Oerlikoner Hinterland. Die SBB AG müsste Wohnungen bauen nicht Bürosilos hochziehen.
Bürohochhäuser der SBB AG in Zürich Oerlikon: Links, der Franklinturm der noch nicht vollständig vermietet ist. Rechts der Andreasturm der SBB AG im Hintergrund die Quadro Towers die zum Teil leer stehen nach dem Credit Suisse ausgezogen ist. (Fotos Heinrich Frei)
In Zürich stehen sehr viele Büroräume leer auch durch den Zusammenschluss der UBS mit der Credit Suisse. An der Hagenholzstrasse in Oerlikon kann man jetzt in den Quadro Towers tausende Quadratmeter Büroflächen mieten, die von der Credit Suisse schon geräumt worden sind. Auch in der ehemaligen Credit Suisse Bankenburg beim Albisgülti in Zürich werden sicher nicht mehr alle Büros gebraucht.
An der Hagenholzstrasse in Oerlikon kann man jetzt in den Quadro Towers tausende Quadratmeter Büroflächen mieten, die von der Credit Suisse schon geräumt worden sind (Fotos Heinrich Frei)
Wird der Büro-Wolkenkratzer der UBS in Zürich-Altstetten gestoppt?
Die Grossbank UBS plant in Zürich Altstetten ein 108 Meter hohes Bürohochhaus. Am 24. November 2024 können wir in der Stadt Zürich zum Glück abstimmen, entscheiden, ob wir diesen Büro-Wolkenkratzer der UBS in der Stadt Zürich wollen. Braucht es das UBS-Bürohochhaus überhaupt, bei all den leerstehenden Schreibstuben in Zürich?
Hochhäuser sind kinder- und familienfeindlich
Hochhäuser sind wirtschaftlich, ökologisch und auch für ein menschengerechtes Wohnen unsinnig. Alte Leute, Familien und Kinder in Türme verstauen, weit weg von Treffpunkten am Boden, von Spielplätzen führt zu einer depressiven Gesellschaft: Das Kind allein zu Hause auf dem Sofa mit dem Smartphone und vor dem TV im Wohnturm, bei Coci und Snacks immer dicker werdend?
Was ich bei einem Besuch des neuen Franklin Büroturms in Oerlikon und des neuen Bettenhochhauses des Triemli Spitals in Zürich bemerkt habe: Man wartet sehr lange bis endlich ein Aufzug kommt, um hochzufahren. Auch Angestellte warten lange.
Klimaziele: Abrüstung und keine Kriege führen
Die Klimaziele der Stadt Zürich sind mit dem Bau von Hochhäusern und dem ständigen Abbruch von noch gut erhaltenen Häusern nicht erreichbar.
Aber auch die weltweite ständige Verschwendung von Ressourcen durch das Militär, die Aufrüstung und durch Kriege stehen der Verminderung der Treibhausgase entgegen. Das Militär ist einer der schlimmsten Umweltsünder: Kriege verursachen riesige Umweltschäden, wie jetzt wieder in der Ukraine, im Gazastreifen und im Sudan. Das Militär wurde als Klimakiller aber bewusst aus dem Kyoto-Protokoll und aus andern UN-Klimadokumenten,einschliesslich der Charta von Paris, ausgeklammert, dies auf Druck der USA und der NATO-Staaten.
Siehe: Seniora.org – Die Umwelt-Killer
Schweizer Banken und andere Institutionen unseres Landes investieren weiter Milliarden in die Rüstungsindustrie, was gestoppt werden müsste, um die Ziele des Klimaabkommens von Paris zu erreichen. Die Erderwärmung soll auf deutlich unter 2 Grad Celsius – möglichst unter 1,5 Grad Celsius begrenzt werden. Teil dieses Abkommens sieht vor, dass Staaten Pläne vorlegen, sogenannte Nationally Determined Contributions, kurz NDCs, die zugesagte nationale Klimaschutzmassnahmen auflisten. Diese NDCs müssten auch das Militär, die Aufrüstung und die Verschwendung von Ressourcen im Bauwesen, unter anderem durch den Bau von Wolkenkratzern, Hochhäusern, Luxusvillen und Appartements und Zweitwohnungen umfassen.
Klimawandel und Städtebau
Das Thema ist schon vielmals behandelt worden und beschäftigt die Fachleute immer mehr. Es handelt sich hier mehr um eine Zusammenfassung. Vor 2500 Jahren forderte der griechische Städtebauer Hippodamos für die Stadtplanung von Milet die Ausrichtung einer orthogonalen Stadt nach den Himmelsrichtungen und für die Strassen Ausrichtung nach den Hauptwindrichtungen. Die orthogonale Stadt sollte auch eine demokratische Verteilung der Bevölkerung und gute Orientierung fördern. Das scheint uns bei den Planern heute noch nicht angekommen zu sein.
1. Durchlüftung
Heute stehen wir vor einem Klimawandel, der einen Einfluss auf die Stadtplanung haben wird. Der Hitzestau in der verdichteten Stadt ist voraussehbar. Berechnungen zeigen, dass die sommerlichen Temperaturen der Stadt bis zu 10°C über die bekannten Höchstwerte steigen werden. Die Stadtdurchlüftung ist daher immer wichtiger. Die ETH Zürich hat gezeigt, dass die neun Bauten des Hochschulgebietes im Zentrum von Zürich so quer stehen, dass sie die Belüftung der ganzen Stadt behindern. Der Windschatten der geplanten Hochhäuser behindert ganzer Stadtbereiche, wenn die Windrichtung nicht beachtet wird. Das bestehende und geplante Hochhaus Cluster der SBB in Oerlikon ist eine Windbarriere, die Erweiterungen der UZH am Irchel und der ETH Höngger Berg stehen quer zum Hangwind und sind massive Windbremser.
2. Grundwasser
Die massiven statischen Fundament Vergrösserung von Hochhäusern erzeugen bei Gruppen von Hochhäusern eine starke Umlenkung und Störung des Grundwasserstromes und damit eine Beeinflussung des Stadtklimas. Wie weit dies auch die Zusammensetzung des Grundwassers und die Radonstrahlung beeinflusst, ist noch in Untersuchung. Im Zusammenhang mit der Bodenverdichtung sind Fundamentkomplexe sicher Sperren für den Abfluss und Durchfluss des Grundwassers, ein Risiko bei starken Regenfällen.
3. Energiedichte
Hochhäuser verursachen in ihrem Bau Energieaufwände (Watt und Joule) sowie CO2, bis zum 30-Fachen eines etwa 5-geschossigen 80 Meter langen Hauses mit gleichem Inhalt. Ein Bewohner solchen eines 5 -geschossigen Hauses verursacht heute in der Stadt Zürich etwa 5 Tonnen CO2 pro Jahr, der Hochhausbewohner aber 10 Tonnen CO2 pro Jahr. So dichte Energiekonzentrate haben zur Folge, dass die für den Unterhalt notwendige Energie (gemäss Untersuchungen der EPFL) exponentiell ansteigt, was zu einem grossen Aufwand für die bedienende Infrastruktur führt. Damit ist die in der Gemeindeordnung von Zürich enthaltene Zielsetzung der 2000- Watt Gesellschaft mit 1 Tonne CO2 pro Jahr und pro Einwohner auch in weiter Zukunft nicht erreichbar.
6. Humanökologische Konsequenzen der Bauweise
Hochhäuser benötigen weniger Land und die Ausnutzungsziffer AZ (Verhältnis von Bodenfläche zu Nutzungsflächen im Gebäude) wird enorm hoch (Oerlikon Türme 80 m hoch, 4-5), während in einem dichten Wohnungsbau eine AZ von 2 das Maximum ist. Wohnen mit Familie in einer Höhe über 10 Geschossen ist nicht zumutbar und meist auch nicht zahlbar. Das heisst, dass die Differenz der AZ für nicht benutzbares Wohnen im Minimum 2,0 bis ist. Diese Ausnutzung geht aber dem städtischen noch bezahlbaren Wohnen verloren. Nicht wohnungsmässige teure Nutzungen verdrängen daher bei jedem Hochhaus die Hälfte seiner Geschosse. Junge Leute mit gutem Einkommen können sich das Wohnen im aussichtsreichen Hochhaus noch leisten, aber normale Familien nicht. Eine Gentrifizierung verdrängt damit ganze Bevölkerungsgruppen. Wenn die Hochhäuser in der Bodennähe und in ihrer Umgebung nicht mit attraktiven Nutzungen gefüllt sind, entstehen ausserdem lebensfeindliche und epiurbane Gebiete. Es sei hier auch auf die zahlreichen von Medizinern stammenden Warnungen vor dem medizinisch und physisch entstehenden Dichtestress in verdichteten urbanen Gebieten hingewiesen.
7. Wettereinflüsse
Sonne und Regen können beide unerwünscht sein. Städte wie Bologna oder Bern haben in ihrer Entwicklung Lauben gebaut, Mailand und andere Städte eine ganze wetterunabhängige Galerie. Die Ausrichtung der Gebäude nach der Himmelsrichtung war schon bei Hippodamos ein Thema. Le Corbusier hat seine Maison Clarté in Genf nach Süden ausgerichtet und sie steht nun quer in dem Quartier. Aber auch schattenspendende Bebaungsmuster gibt es zur Genüge in klimatisch extremen Gebieten.
8. Geometrie der Stadt
Der Berkly Professor Christopher Alexander hat sich gegen die monozentrale orthogonale Stadt (wie Chandigarh und Brasilia) gewehrt und eine polyzentrale Stadt mit vielen Querverbindungen gefordert. Sie ist verkehrsmässig rationeller, sowohl für den öffentlichen Verkehr wie auch für den Fussgänger. Der grosse Platz in Chandigarh ist in der Mittagshitze nicht überquerbar, die tote Hauptachse mit dem Wasserkopf des Regierungsviertels in Brasilia sind trostlos. Diagonale Fussgängerverbindungen, eine ringförmige Parkanlage um das Zentrum, wie in der alten armenischen Stadt Jerivan, die grüne Ringstrasse in Wien gliedern das Stadtgebiet. In Seoul in Südkorea dient ein ganzer wunderbar gestalteter Fluss durch die MIllionenstadt als Erholungsgebiet. Alle historischen Monumente sind mit grosszügigen Erholungsflächen umgeben. Auch das Muster der Stadt sollte den gehobenen Nutzungsbedingungen einer in der Verdichtung erholungsbedürftigen Bevölkerung dienen.
Facit
Städte sind nicht Verursacher des Klimawandels, sie sind Opfer des Klimawandels., wenn sie nur verdichtet und nicht nach modernen Grundsätzen und klimagerecht für den Menschen gebaut werden. Um zu überleben werden sie dann zu humanökologischen Monstern mit einem amöbenhaften ökologischem Fussabdruck. Sie sind energetische Undinger und ökonomische Nimmersatts. Eine Änderung der Planermentalität von der aus dem letzten Jahrhundert stammenden milimetergenauen die Menschen versklavenden Erhaltung des Territoriums (3-dimensionalen Raumplanung) zum flexiblen vierdimensionalen Territorium als anpassungsfähiger Lebensraum des modernen Menschen ist dringend nötig, wenn die schon vor Jahrtausenden gemachte menschliche Erfindung Stadt nicht zum Trojanischen Pferd werden soll.
Norbert Clemens Novotny
Ingenieur und Planer ETHZ
Werter Herr Novotny
Ich finde es sehr gut, dass Sie dieses Thema so ausführlich behandeln.
Freundliche Grüsse Heinrich Frei