Tribut an Fridolin Trüb

Fridolin Trüb, 1919-2017 (Bild: Georg Trüb)

 

Unten, zwei Nachrufe an Fridolin Trüb von Arne Engeli und von Pia Hollenstein.

Von Arne Engeli :

Nachruf Fridolin Trüb

Arne Engeli

Fridolin Trüb, der unermüdliche Kämpfer für den Frieden, ist im Alter von über 97 Jahren in St. Gallen gestorben. Man kannte ihn als Gründer und Koordinator der St. Galler Friedenswoche, als Teilnehmer an Kundgebungen, als Leserbriefschreiber, aber auch als begabten Maler, der seine Aquarelle in Ausstellungen zeigte. Er war immer gut dokumentiert, verfügte über ein ausgezeichnetes Gedächtnis und mischte sich gekonnt, lebhaft und engagiert in die öffentliche Debatte ein, wenn immer es ihm nötig erschien. Er war belesen, hatte zu jedem Jahr einen Ordner seiner Berichte und Artikel zu bestimmten Themen griffbereit. Die ‘Neuen Wege’ hatte er seit 1944 aufbewahrt, die neuste Ausgabe wurde allmonatlich bei ihm in der Lesegruppe St. Gallen besprochen.

Aufgewachsen ist Fridolin im Pfarrhaus in Flawil. Schon sein Vater engagierte sich in der religiös-sozialen Bewegung. Da hörte und las der junge Fridolin mit. Er war das zweite von fünf Kindern, geboren 1919. Während den Kriegsjahren 1940-45 bildete er sich in Basel zum Zeichenlehrer aus. 1949 heiratete er Lisbeth Mauch, der Ehe entsprossen zwei Söhne und zwei Töchter. 1950 wurde er als Zeichenlehrer nach St. Gallen gewählt. Ab 1962 unterrichtete er an der Kantonsschule. Er setzte sich dafür ein, dass der Kunstunterricht in der Schule gelebt, gefördert und anerkannt wird. Ich regte die Schüler zum Sehen, Anschauen, Aufnehmen an und gleichzeitig dazu, daraus wieder etwas Neues zu gestalten.“ Daneben war er auch selber im Kunstbereich tätig. „Schon seit der Primarschulzeit hatte ich einfach immer einen Skizzenblock dabei. Ich konnte nicht in einer Landschaft sein, ohne sie einzufangen.“

Sein Engagement in der Friedensbewegung setzte unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg ein. In den Sommerferien 1945 absolvierte er einen freiwilligen Zivildienst im Simmental, Aufräumen bei Bauern, deren Land überschwemmt worden war. Dort lernte er seine zukünftige Frau Lisbeth kennen. Danach stellten sich beide ein ganzes Jahr zur Verfügung im ehemaligen Kriegsgebiet in Frankreich sowie auf der überschwemmten Insel Walcheren NL. Weitere Einsätze folgten jeweils in den Sommerferien. Von 1948-1952 war er Präsident des Schweizer Zweiges des Internationalen Zivildienstes. Das trug ihm seinen ersten Ficheneintrag ein: „T. Ist Präsident des Schweiz. Komitees des IZD und kann nicht als polit. Extremist bezeichnet werden.“ Als Erstunterzeichner der Initiative ‘für einen echten Zivildienst’, die 1977 gestartet und 1984 abgelehnt wurde, hielt Fridolin einen Vortrag im Kirchgemeindehaus Lachen (in St. Gallen). In Bern wurde man hellhörig und wies den Polizeiposten Lachen SZ an, die Veranstaltung zu überwachen. Natürlich erfolglos. „Ich habe Stoff für eine Cabaret-Nummer fertig geliefert bekommen – eine Geschichte wahrlich zum Lachen.“

Engagiert war er auch im 1945 gegründeten Schweizerische Friedensrat. 1982 rief Fridolin die St. Galler Friedenswoche ins Leben, die Jahr für Jahr in der Adventszeit zu Besinnungen, Vorträgen und Aktionen einlädt. Sie besteht heute noch. Als Redner traten im Laufe der Jahre auf: Horst Eberhard Richter, Till Bastian, Erhard Eppler, Hildegard und Jean Goss-Mayr, Robert Jungk. Er war auch Mitbegründer und jahrelanger Leiter der Helvetas-Gruppe St. Gallen, die sich z.B. für die Nepalhilfe engagierte. Es ist nicht meine Art, mich zu sehr in philosophische Fragen hinein zu begeben. Mich beschäftigt mehr die Alltäglichkeit – was macht der Mensch, jetzt in dieser Zeit, wo wir mitmachen und gestalten können.“

Die Aktion gegen den geplanten Waffenplatz Neuchlen-Anschwilen war für Fridolin ein wichtiges Ereignis, vor allem auch darum, weil sein Sohn Hansueli mit einigen Gleich­gesinnten diese Aktion lostrat. Junge Leute entwickelten mit Sitzblockaden einen Wider­stand, wie man ihn in der Schweiz kaum je gekannt hat. In den Sommern 1990 und 1991 fand am Rande des Baugeländes eine ‘Sommeruniversität’ statt, die Volksinitiative ’40 Waffenplätze sind genug’ wurde lanciert, dann aber vom Volk verworfen. Immer mitdenkend dabei war Fridolin auch beim Internationalen Bodensee-Ostermarsch, der seit anfangs der 80er Jahre bis heute alternierend rund um den See stattfindet, auch nach seinem Schlaganfall 2007, von dem er sich erstaunlich gut erholte, obwohl er jetzt allein leben musste. Ein Jahr vorher war seine Frau Lisbeth gestorben, die ihn ein Leben lang unterstützt hatte.

Dem Verstorbenen war Solidarität wichtig, etwa im Solidaritätsnetz Ostschweiz. „Solidarität besagt, uns ist es nicht egal. Wir möchten etwas unternehmen. Wir wollen uns solidarisieren mit jenen, die es nötig haben. Wir können sie begleiten. So können wir sie und uns selber aufmuntern“. Wir werden seine kritische Stimme, seine Anteilnahme, seine Inspiration, seinen wachen Geist vermissen. Er war Zeitzeuge der Friedensbewegung eines ganzen Jahrhunderts.

Am 7. März findet um 14:30 Uhr im evangelischen Kirchgemeindehaus St. Georgen die Abschiedsfeier statt.

Weitere Infos zum Leben von Fridolin <www.fridolintrueb.ch> Aus Interviews mit Michael Walther ist vor einigen Jahren das bebilderte Heft „Dem Frieden entgegen. 30 Geschichten und eine halbe“ entstanden.

Von Pia Hollenstein :

St.Gallen,    13.    Februar,    2017

Liebe NW-FreundInnen Letzte Nacht ist Fridolin Trüb im Alters- und Pflegehaus Wienerberg in St.Gallen von uns gegangen. Fridolin hatte sich von einer Lungenentzündung im  Januar nie mehr richtig erholt. Mit dem Tod von Fridolin haben wir einen liebenswürdigen Weggefährten verloren. Seine Beiträge in unserer Neue Wege-Lesegruppe werden uns    fehlen. Das unglaublich gute Geschichts-Gedächtnis bereicherte uns an jedem Zusammentreffen.

Wir werden Fridolin an unseren Treffen vermissen. Er ist uns voraus gegangen.  Fridolin, Du warst uns Vorbild in deinem Engagement für eine friedlichere Welt. Deine pazifistische Grundhaltung war und ist vorbildlich. Wir bewahren dein Vermächtnis in unseren Herzen. Danke, dass Du mit uns warst.

Der Termin für den Abschiedsgottes ist noch nicht bekannt. Dies vernehmt ihr dann gewiss aus der Zeitung. Wenn Auswärtige froh sind um eine entsprechende Mitteilung von mir, lasst es mich wissen. Traurig und mit guten Erinnerungen an Fridolin

Pia Hollenstein

Siehe    auch:    http://fridolintrueb.ch

 

Finden Sie die Originaltext auf fridolintrueb.ch  (Nachricht zum Tod der “Neue Wege”-Lesegruppe)

St. Galler Tagblatt : Friedensaktivist Fridolin Trüb ist gestorben / Unentwegter Kämpfer für Frieden und Solidarität

Für die Trauerfeier finden Sie auf todesanzeigenportal.ch oder im Agenda

Siehe auch Neue Wege

 

Wir haben noch verfügbaren Exemplare der Sonderausgabe Nonviolenz  auf Fridolin Trüb, Nr.1 2006 (März).

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