Von Ueli Wildberger – Am 12. Juli starb mit 97 Jahren Hansheiri Zürrer in Zürich. Er war während Jahrzehnten eine markante Gestalt der Schweizer Friedensszene. Mit seiner 2 Jahre zuvor verstorbenen Frau Berthel war er unermüdlich präsent, wo es etwas für den Frieden zu tun gab, sei es an Manifestationen oder Anlässen, besonders eifrig aber beim Sammeln von Unterschriften für Volksinitiativen.
Hansheiri Zürrer wurde 1918 geboren und studierte Theologie. Im 2. Weltkrieg besuchte er in einer Mission des CVJM 1944 Gefangenenlager, und erlebte die Bombardierung Danzigs mit unzähligem Leid und zivilen Opfern. Dies Erlebnis prägte in unauslöschlich, und machte ihn zum Pazifisten. Nach dem monatelangen Rückweg – oft zu Fuss – durch das zerstörte Deutschland wollte er sein Möglichstes dazu beitragen, um Krieg, Rüstung und Waffengewalt zu überwinden, und setzte sich bis zu seinem Tod aktiv für Frieden, Gewaltfreiheit und soziale Gerechtigkeit ein. In einer Zeit, da die Landesverteidigung im Kalten Krieg ein unhinterfragtes Tabu war, rang er sich zur Militärverweigerung durch, und büsste seine Verweigerung auch des Militärpflichtersatzes mit insgesamt 18 Gefängnisaufenthalten. Schwer traf ihn, dass die Ev.-ref. Kirche Zürich ihm deshalb eine Anstellung als Pfarrer verweigerte. Zunächst arbeitete er als einfacher Arbeiter beim Bau des Flughafens Kloten, später als Personalchef in Firmen. Mit seiner ebenso für den Frieden engagierten Frau Berthel und 4 Kindern führte Hansheiri Zürrer in Zürich-Friesenberg lebenslang ein offenes, gastfreundliches Haus, in dem später oft auch Menschen mit sozialen Problemen ein Daheim fanden.
Ein eindrückliches Erlebnis in meiner Erinnerung war u.a. der Antimilitaristische Marsch von Metz nach Verdun, an dem ich mit Hansheiri Zürrer teilnahm. Mit mehreren Hundert Teilnehmenden marschierten wir im August 1976 zum Gedenken an die Massenschlächterei im 1. Weltkrieg auf dem blutgetränkten Boden an der französisch-belgischen Grenze für die Abrüstung. Erschüttert standen wir vor dem unübersehbaren Meer von weissen Kreuzen in den Soldatenfriedhöfen – wenigstens im Tod waren alle feindlichen Krieger gleich! Unvergesslich und inspirierend auch die Begegnungsabende mit Danilo Dolci in Zürrers Wohnung, bei denen der prominente Sozialreformer von seinen gewaltfreien Aktionen und Projekten in Sizilien im Kampf gegen Armut und Mafia erzählte. Oder mit dem Inder Ramsahai Purohit, der zu Fuss die Regierungen der Atommächte rund um die Welt aufsuchte, um sie zum Verzicht auf Atomwaffen zu bewegen.
Hansheiri Zürrer war besonders der Religiös-sozialistischen Vereinigung von Leonhard Ragaz, der Zeitschrift Neue Wege und dem Schweizerischen Friedensrat im Gartenhof in Zürich verbunden. Als in den letzten Jahren seine Kräfte nachliessen, freute er sich, wenn er weiterhin seine Wohnung für Treffen, oder für den Versand des Bulletins der Religiösen SozialistInnen zur Verfügung stellen konnte. Sein freundliches, aber zurückhaltendes und diskretes Wesen wird uns in Erinnerung bleiben, und sein Friedenswirken für das Reich Gottes wird weiterhin Früchte tragen!