Deeqa: Eine junge Frau aus Merka wurde Ärztin in Somalia

In Somalia gibt es durchaus positive Entwicklungen, nicht nur Bombenanschläge über die in den Medien berichtet wird. In Mogadischu kann zum Beispiel studiert werden, leider nur an privaten Universitäten. Deeqa Dhiblawe konnte Medizin studieren, dank einem Stipendium aus der Schweiz.

Text: Bashir Gobdon und Jenny Heeb mit Deeqa Dhiblawe

Übersetzung: Jenny Heeb

„Ich wurde in Mogadiscio 1989 geboren. Ich habe vier ältere Brüder, eine ältere Schwester und zwei jüngere Brüder. Nach dem Ausbruch des Bürgerkrieges 1991, flüchteten wir nach Merka. Dort besuchte ich ab 1997 die Primarschule der Neuen Wege. Zu jener Zeit arbeitete mein Vater als Fleischverkäufer auf dem Markt in Merka und einer meiner Brüder hatte eine Stelle als Sicherheitsmann in der Sekundarschule der Neuen Wege.

Meine beiden jüngeren Brüder besuchten ebenfalls die Schule der Neuen Wege. Meine Schwester ging nie zur Schule, da sie meiner Mutter im Haushalt helfen musste. Sie heiratete sehr bald, gebar sechs Kinder und ist jetzt geschieden und lebt mit uns in Mogadiscio.

2005 schloss ich die Primarschule ab und besuchte dann die Sekundarschule der Neuen Wege. Bereits damals dachte ich daran, Ärztin zu werden.“

Verena Karrer gründete 1995 die Schulen der Neuen Wege in Merka und später eine Sekundarschule. Nach dem Tod von Vre Karrer, 2002, erhöhte sich die Zahl der Schüler kontinuierlich. 2013 besuchten 649 Kinder, zur einen Hälfte Mädchen, zur anderen Knaben die Primarschule. In der Sekundarschule waren damals 136 junge Frauen und 264 junge Männer eingeschrieben. Diese Schulen besuchte auch Deeqa.

Infos über den Förderverein Neue Wege in Somalia, gegründet von Vre Karrer unter:

www.nw-merka.ch

„Mein Vater ist 2006 gestorben, was für mich das schlimmste Ereignis in meinem Leben war. Einerseits hat er mich in meinem Wunsch, Ärztin zu werden unterstützt und mir stets Mut zugesprochen, andererseits konnte ich in die Schule gehen, weil er die Gebühren bezahlt hat und für meinen Unterhalt aufgekommen ist. Ich begann mir Sorgen über die Weiterführung meiner Ausbildung zu machen. Jetzt war mein Bruder Alleinverdiener und sein Lohn hätte nie gereicht, um mein Studium zu bezahlen.

Bevor ich meine Sekundarschulzeit 2009 in Merka abgeschlossen hatte, erfuhr ich vom Förderverein Neue Wege in Zürich, dass der Gemeinnützige Verein Gisela Naegeli in Zürich bereit sei, ein Universitätsstudium einer jungen somalischen Person, die die New Ways Schule besuchte, zu finanzieren. Ich war überglücklich, dass mich die Organisation in Zürich auserwählt hat; so konnte ich mit ihrer Hilfe mein Medizinstudium an der Banadir Universität in Mogadiscio aufnehmen.

Es ist mir ein Anliegen zu sagen, dass ich sowohl in der Primarschule als auch in der Sekundarschule von New Ways immer Lehrer hatte, die mich in meinem Wunsch zu studieren unterstützt haben. Ich denke an eine Primarlehrerin, mit der ich heute befreundet bin und den Englischlehrer in der Sekundarschule, der überzeugt war, dass ich ein Universitätsstudium aufnehmen werde. Mein Geografielehrer kam eines Tages zu uns nach Hause und sagte meiner Mutter, dass er sicher sei, ihre Tochter gehe zur Universität und würde ihr Ziel erreichen. In meiner Familie war es meine Mutter, die mich stets ermutigte und mir sagte, „Deeqa du bist sehr gut, kämpfe und wir sind sehr stolz auf dich.“

Ende 2009 kehrte ich allein nach Mogadiscio zurück und konnte bei Familienangehörigen in Mogadiscio wohnen. Im September 2010 begann ich an der Banadir Universität allgemeine Medizin zu studieren. Allgemeine Medizin und Chirurgie waren mein Traum.

Ich besuchte meine Familie 2012 in Merka und ebenfalls die Neue Wege Schule, welche zu jener Zeit gut aufgestellt war. Ende 2013 herrschten politische Wirren in Merka, so dass sich meine Familie entschloss, nach Mogadiscio zurückzukehren. Da wir in dieser Stadt kein Haus besassen, haben uns einige Verwandte ein Haus zur Verfügung gestellt, wo wir jetzt alle leben.

Im Oktober 2016 habe ich promoviert und bin jetzt Ärztin. Jetzt sind alle meine Brüder und auch meine Schwester froh und stolz, dass ich Ärztin bin. Ich möchte eine ausgezeichnete Kinderärztin werden, bevor ich in diesem Fach einen Abschluss machen kann, brauche ich praktische Erfahrung. Dank der Hilfe von Bashir Gobdon, Präsident von Swisso Kalmo Schweiz kann ich in einem der Spitäler von Swisso Kalmo arbeiten. Jetzt mache ich ein Praktikum in der Kinderabteilung des Banadir Spitals. Wenn ich später in Afgoye oder Merka arbeite, gehe ich allein dorthin, weil meine Mutter alt ist.

Ich bedanke mich beim Gemeinnützigen Verein Gisela Naegeli, der mir ermöglicht hat zu studieren und ich bedanke mich bei Swisso Kalmo, dass ich in einem ihrer Spitäler arbeiten kann.“

Deeqa Dhiblawe, Mogadiscio im Januar 2017

Swisso Kalmo ist eine internationale private Hilfsorganisation die seit 1990 in Somalia primär in der Gesundheitsversorgung tätig ist. Swisso Kalmo wurde ursprünglich von einem somalisch-schweizerischen Ehepaar gegründet und arbeitet heute mit internationalen Organisationen wie dem Welternährungsprogramm (WFP), der Weltgesundheitsorganisation, WHO, sowie UNICEF zusammen. Die Arbeit von Swisso Kalmo unterstützt vor allem in der Bevölkerung verankerte Projekte (community-based health projects). Ein besonderes Anliegen ist es, die Fähigkeiten des lokalen Personals und der lokalen Organisationen nachhaltig zu stärken. Swisso-Kalmo ist in Kenia, in Somalia und in der Schweiz registriert.

Infos zu Swisso Kalmo unter: www.swisso-kalmo.ch

und englisch unter: www.swisso-kalmo.org

Kontakt:

Bashir Gobdon, Präsident Swisso-Kalmo

Tel. 044 321 63 52 / 079 798 38 05 gobdon@bluewin.ch

Dr. Agnes Kiener, Vizepräsidentin

Tel. 079 936 10 29, 043536 10 58

agnes.kiener@swisso-kalmo.org

Spendenkonto:

St. Galler Kantonalbank

9435 Heerbrugg

Swisso-Kalmo, Hilfe für Somalia, Schweiz

Konto-Nr. 2355.3301.9118

IBAN CH50 0078 1235 5330 1911 8

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert