Ist das Geschäft mit dem Krieg wichtiger als die humanitäre Tradition und die Gesetze der Schweiz?

Wie viel Kriegsmaterial exportierte die Schweiz in den letzten fünf Jahren nach Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, nach Bahrain, Katar, Kuweit, Oman und Jordanien, in das Pulverfass des Nahen Ostens?

Unmissverständlich wurde in der Kriegsmaterialverordnung, die im Oktober 2008 in Kraft gesetzt wurde, festgelegt: Kriegsmaterialexporte an Staaten die in „einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt sind“, werden nicht bewilligt, auch nicht an Länder welche „die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen“.

(http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19980112/index.html)

Die Hauptabnehmer von Schweizer Rüstungsgütern im Nahen Osten waren in den letzten fünf Jahren aber immer wieder Staaten die in bewaffnete Konflikte verwickelt waren und die Menschenrechte mit den Füssen traten, wie früher auch schon.

Oft belieferte die Schweiz immer wieder „neutral“ beide Kriegsparteien: Jugoslawien und die Nato die gegen Milosevic Krieg führte. Sowohl den Irak Saddam Husseins wie das Regime Khomeinys im Iran waren Kunden der helvetischen Kriegsindustrie. Libyen kaufte Rüstungsgüter aus der Schweiz, wie die Nato Staaten die das Ghadhafi Regime durch eine Demokratie ersetzen wollten auch. Oder ging es der „Freien Welt“ in Libyen wie im Irak eher um die Kontrolle der Ölquellen?

Tödlichen Produkte die von der bundeseigenen RUAG produziert wurden, sind auch in den Nahen Osten exportiert worden: 

Die RUAG unterhält folgende Produktionsstätten:

Schweiz: Bern, Brunnen, Thun, Emmen, Altdorf, Genf, Interlaken, Zürich Seebach, Nyon, Dübendorf, Aigle, Bure, Bière und weitere

Deutschland: Oberpfaffenhofen, Hamburg, München, Sulzbach-Rosenberg und Fürth

Schweden: Åmotfors, Linköping und Göteborg

Ungarn: Sirok

Österreich: Wien und Berndorf

Frankreich: Terssac (Département Tarn)

Australien: Bayswater (Victoria)

Vereinigten Staaten Los Angeles und Tampa

RUAG Ammotec: Vier Millionen Schuss für den Krieg im Irak und in Syrien

Sturmgewehrmunition, die die deutsche Bun­deswehr jetzt den Kurden im Irak liefert, die gegen die ISIS kämpft, wird von der RUAG Ammotec in Deutschland produziert. Es soll sich bei diesen Lieferungen der RUAG-Ammotec in den Irak um vier Millionen Schuss handeln. Die deutsche RUAG-Tochter liefert der deutschen Bundeswehr auch für alle gebräuchlichen Handwaffen, das heisst für Gewehre, Maschinengewehre, Pistolen und Maschinenpistolen Munition. 

Kriegsmaterialexporte nach Saudi-Arabien

Saudi-Arabien 2009 CHF  131‘594‘271
2010 132‘610‘693
2011 20‘641‘815
2012 24‘758‘886
2013 21‘897‘144
Total Saudi-Arabien 2009 – 2013 CHF  331‘502‘809

Zahlen: Aus der jährlich veröffentlichten Statistik der Schweizer Kriegsmaterialexporte des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO)

Saudi-Arabien ist eine absolutistische, feudalistische Monarchie. Politische Parteien und Gewerkschaften sind in diesem Land verboten. Die desolate Menschenrechtslage dokumentiert Amnesty International in diesem Land laufend, wie in anderen Staaten des Nahen ebenfalls die Kunden der Schweizer Rüstungsindustrie sind. 

Saudi-Arabien: Beteiligung an Kriegen

2009:  Einsatz von Infanterie, Panzern und Kampfflugzeugen im Bürgerkrieg im Norden des Nachbarstaates Jemen.

März 2011: Einsatz von Soldaten aus Saudi-Arabien und den Arabischen Emiraten in Bahrain gegen Protestierende. Dabei setzte Saudi-Arabien Mowag Panzerwagen aus Kreuzlingen ein.

2011 und 2012: kam es in Saudi-Arabien immer wieder zu Demonstrationen und Protesten gegen die Regierung. Die Demonstrationen wurden mit Gewalt niedergeschlagen und ein strenges Demonstrationsverbot verhängt.

2014: Saudi-Arabien fliegt jetzt in Kooperation mit den USA Bombenangriffe gegen Stellungen der ISIS im Irak und in Syrien. Führende saudi-arabische Kreise unterstützten früher die ISIS.

Die nordirische Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire nahm kürzlich Stellung gegen die Angriffe der USA im Irak und in Syrien: Sie erinnerte daran: „The U.S. and the UK committed genocide against the Iraqi people between 1990-2012, killing 3.3 million, including 750,000 children through sanctions and war.“ (Die USA und Grossbritannien waren zwischen 1990-2012 für den Völkermord am irakischen Volk verantwortlich, bei dem 3,3 Millionen Menschen durch Sanktionen und Krieg getötet wurden, darunter 750‘000 Kinder.)

Mairead Maguire schrieb weiter: “If the US wants to stop ISIS, it can remove its funding and arms, which are coming from US allies Saudi Arabia, Qatar, Turkey and others and from the US itself, through intermediaries like the Syrian ‘rebels’. (Wenn die USA die ISIS stoppen will, kann sie die Finanzierung und die Bewaffnung unterbinden, über die Vermittler wie die syrischen “Rebellen”, den Verbündeten der USA, wie Saudi-Arabien, Katar, der Türkei und andere und auch der USA selbst.)

http://www.globalresearch.ca/the-u-s-and-the-uk-committed-genocide-against-the-iraqi-people/5403617

Kriegsmaterialexporte nach den Vereinigten Arabischen Emiraten

Vereinigte Arabische Emirate 2009 CHF  3‘986‘894
2010 8‘749‘045
2011 265‘805‘621
2012 132‘786‘201
2013 10‘193‘256
Total Arabische Emirate 2009 – 2013 CHF  421‘521‘017

Von den 4,8 Millionen Einwohnern der Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) sind nur 892‘000 Staatsbürger. 3,9 Millionen sind ausländische, weitgehend rechtslose, billig arbeitende Arbeitsmigranten. Sie werden wie die Frauen in den Emiraten diskriminiert. In den Gefängnis­sen der VAE wird gefoltert.

In den Zahlen der Kriegsmaterialexporte des Jahres 2012 ist die Teillieferung von unbewaffneten militärischen Trainingsflugzeugen in die Vereinigten Arabischen Emirate im Umfang von 132,8 Millionen Franken enthalten, deren Export normalerweise nicht dem Kriegsmaterialgesetz, sondern dem Güterkontrollgesetz unterliegt. Diese Exporte von Pilatus-Flugzeugen in die VAE unterstellte der Bundesrat dem Kriegsmaterialgesetz, weil nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Flugzeuge in der Schweiz für die Aufnahme von Waffen modifiziert werden. Die Luftwaffe der Arabischen Emirate beteiligte sich 2011 zusammen mit der Nato auch am Krieg in Libyen.

Kunden für Trainingsflugzeuge der Firma Pilatus:

Die Schweizer Luftwaffe (8 PC-21), die Luftwaffe Singapurs (19 PC-21) sowie die Luftwaffe der Vereinigten Arabischen Emirate (25 PC-21) nutzen den PC-21 erfolgreich. Im Jahr 2012 haben sich die Luftwaffe Saudi-Arabiens (55 PC-21) sowie die Qatar Emiri Air Force (24 PC-21) für das PC-21 Trainingssystem entschieden. (http://www.pilatus-aircraft.com/#39)

P.S. Die Schweiz ist das einzige Land, das solche militärische Flugzeuge in der Regel nicht unter den Kriegsmaterialausfuhren aufführt.

Vereinigte Arabische Emirate: Beteiligung an Kriegen 

2011: Beteiligung am Krieg in Libyen.

2014: Die Luftwaffe der VAE fliegt jetzt in Kooperation mit den USA Bombenangriffe gegen Stellungen der ISIS im Irak und in Syrien.

Die Arabischen Emirate sind alles andere als vertrauenswürdig: 40 Occasions-Panzerhaubitzen, die die Schweiz 1995 an die Vereinigten Arabischen Emirate verkauft hatte, wurden nach Marokko weitergeliefert, trotz einem Zertifikat das ein Weiterverkauf verboten hätte. Handgranaten der bundeseigenen Rüstungsbetriebe RUAG, die an die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert wurden, gelangten via Jordanien an Kämpfer im Bürgerkrieg in Syrien.

Die Arabischen Emirate finanzieren die Gegner Assads in Syrien und rüstet sie mit Waffen auf, wie Saudi-Arabien und Katar auch. http://www.spiegel.de/politik/ausland/golfstaaten-sollen-millionen-an-syrische-aufstaendische-zahlen-a-825135.html

Kriegsmaterialexporte nach Bahrain

Bahrain 2009 CHF  12‘512‘943
2010 3‘216‘819
2011 2‘228‘230
2012 2‘823‘977
2013 2‘671‘482
Total Bahrain 2009 – 2014 CHF  23’453’451

Bahrain ist eine konstitutionelle Monarchie. Der König ernennt und entlässt die Regierung und hat darüber hinaus das Recht das Abgeordnetenhaus aufzulösen und Neuwahlen auszuschreiben. 

Bahrain: Beteiligung an Kriegen

März 2011: Einsatz von Soldaten gegen Protestierende. Truppen aus Saudi-Arabien

und den Arabischen Emiraten helfen mit den Aufstand in Bahrain niederzuschlagen.

2014: Bahrain beteiligt sich jetzt am Krieg gegen die ISIS im Irak und in Syrien. 

Kriegsmaterialexporte nach Katar

Katar 2009 CHF  2‘561‘602
2010 515‘071
2011 660‘010
2012
2013
Total Katar 2009 – 2013 CHF  3‘736‘683

Katar ist eine absolutistische Monarchie. Staatsreligion ist der Islam und laut Artikel 1 der Verfassung ist die Schari’a die Hauptquelle der Gesetzgebung. Ein Parlament oder politische Parteien existieren nicht.

Katar hat mitgeholfen die islamistischen libyschen Aufständischen gegen Gaddafi zu finanzieren und auszurüsten. Islamisten die in Libyen kämpften, beteiligten sich später in Syrien am Bürgerkrieg, auch auf der Seite der ISIS, um auch in Syrien ein Regimewechsel wie in Libyen zu erreichen. Katar lieferte illegalerweise Schweizer RUAG-Munition nach Libyen.

Der deutsche Aussenpolitiker Jürgen Trittin, (Grüne) zu Katar: “Sei es bei der Finanzierung des Wahlkampfes der Ennahda-Partei in Tunesien, der Muslimbrüder in Ägypten oder im Kampf gegen Gaddafi in Libyen: Überall erhielten Islamisten – auch radikale Islamisten – Zuwendungen aus Katar”. Experten stufen jedoch Saudi-Arabien und vermutlich auch Kuwait als diejenigen Staaten ein, aus denen der ISIS am stärksten gefördert wurde.

(http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58952)

http://www.srf.ch/news/international/millionen-fliessen-von-katar-zu-islamischen-extremisten

Katar: Beteiligung an Kriegen

2011: Beteiligung am Krieg in Libyen.

2014: Katar beteiligt sich jetzt am Krieg gegen die ISIS im Irak und in Syrien. 

Kriegsmaterialexporte nach Kuweit

Kuweit 2009
2010 CHF  4‘466‘109
2011
2012 300‘355
2013
Total Kuweit 2009 – 2013 CHF  4‘766‘464

Kuweit ist ein konstitutionelle Erbmonarchie. Die Bevölkerungsstruktur Kuwaits ist von dem sehr hohen Anteil ausländischer Arbeitskräfte und ihrer Angehörigen geprägt. (rund 60 % aller Einwohner) 

Kuweit: Beteiligung an Kriegen

2014: Kuweit beteiligt sich jetzt am Krieg gegen die ISIS im Irak und in Syrien

Kriegsmaterialexporte nach Oman

Oman 2009 CHF  541‘398
2010
2011 1‘193‘655
2012 4‘851‘275
2013 839‘987
Total Oman 2009 – 2014 CHF  7’426’315

Oman ist eine absolute Monarchie (Sultanat). Oberster Herrscher des Landes ist der Sultan, der das Amt des Staatsoberhaupts und Regierungschefs in sich vereint. Die von ihm ernannten Minister haben nur beratende und administrative Funktion. Politische Parteien sind verboten. 

Oman: Beteiligung an Kriegen

2014: Oman beteiligt sich jetzt am Krieg gegen die ISIS im Irak und in Syrien 

Kriegsmaterialexporte nach Jordanien

Jordanien 2009
2010 CHF  630‘100
2011
2012
2013 413‘206
Total Jordanien 2009 – 2013 CHF  1’043’306

Jordanien: Der UN-Sonderberichterstatter über Folter dokumentierte 2006 den Einsatz von Folter durch den jordanischen Nachrichtendienst GID, Polizei und Justiz, auch Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch berichten immer wieder von schweren Missachtungen der Menschenrechte in Jordanien. 

Jordanien:  Beteiligung an Kriegen

2011: Beteiligung am Krieg in Libyen.

2014: Jordanien beteiligt sich jetzt am Krieg gegen die ISIS im Irak und in Syrien

Die früheren Supporter der ISIS, die Türkei, Saudi-Arabien und Katar, bekämpfen jetzt die ISIS, zusammen mit den USA, Grossbritannien und Frankreich.

http://www.globalresearch.ca/the-supporters-of-the-islamic-state-are-fighting-the-islamic-state/5404692 (By Louis Shawcross. Global Research, September 27, 2014)

Die Geschichte wiederholt sich: In Afghanistan wurden im Krieg gegen die Sowjetunion extremistische Islamisten von den USA unterstützt und später “musste” gegen diese fundamentalistischen Extremisten Krieg geführt werden. Saddam Hussein wurde während dem Krieg gegen den Iran Khomeinys hochgerüstet. Später mutierte Saddam zum Bösewicht und die USA, die “Freie Welt”, war “gezwungen” sein Regime militärisch zu liquideren…

Wie im Gedicht von Goethe lassen sich eben die Hexenbesen nicht so leicht in die Ecke stellen, wenn der Hexenmeister, die USA, sich einmal wegbegeben hat…. 

Aus dem Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) 

„Der Zauberlehrling 

Hat der alte Hexenmeister

Sich doch einmal wegbegeben!

Und nun sollen seine Geister

Auch nach meinem Willen leben.“

“In die Ecke,

Besen! Besen!

Seid’s gewesen.

Denn als Geister

Ruft euch nur, zu seinem Zwecke

Erst hervor der alte Meister.” 

Warum wurde die Kriegsmaterialverordnung 2008 so drastisch verschärft?

2008 wurde in der Kriegsmaterialverordnung festgeschrieben: Kriegsmaterialexporte an Staaten die in „einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt sind“, werden nicht bewilligt, auch nicht an Länder welche „die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen“. Mit dieser Bestim­mung wurde den Gegnern von Waffenexporten der Wind aus den Segeln genommen. – Es wird natürlich auch so sein, dass nicht wenige Leute in der Administration und auch im Bundesrat wirklich die Ausfuhr von Kriegsmaterial an Staaten die Kriege führen oder die die Menschenrechte mit den Füssen treten unterbinden wollten.

Der wichtigste Grund des Apparates im Bundeshaus die Kriegsmaterialverordnung zu verschärfen war aber die eidgenössische Volksinitiative «für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten» die am 21. September 2007 mit 109 224 gültigen Unterschriften eingereicht wurde. Diese Initiative verlangte: Die „Ausfuhr von Kriegsmaterial und besonderen militärischen Gütern ist verboten“. 68,2% der Abstimmenden lehnte diese Initiative am 29. November 2009 ab. http://www.parlament.ch/d/wahlen-abstimmun­gen/volksabstimmungen/volksabstimmungen-2009/abstimmung-2009-11-29/kriegsmaterial/seiten/default.aspx

Auch schon vor über 40 Jahren, 1972, ignorierte der Bundesrat nach der Abstimmung über ein Verbot der Kriegsmaterialexporte, seine eigenen restriktiven Bestimmungen zum Waffenexport…

Diese Taktik vor einer Abstimmung eine Revision des geltenden Rechtes vorzulegen wurde von Bern wiederholt erfolgreich angewandt. 1972, vor der damaligen Abstimmung über ein Verbot der Ausfuhr von Kriegsmaterial, wurde vor dem Urnengang die Stimmbürger mit einem Gegenvorschlag (das Kriegsmaterialgesetz zu verschärfen) beruhigt und versprochen, das revidierte Gesetz streng zu handhaben. Der Zweck dieses Schachzuges auch damals war: Ein Waffenausfuhrverbot sollte verhindert werden.

Dieser Gegenvorschlag, ein revidiertes Kriegsmaterialgesetz, wurde nach der Abstimmung 1973 „in Kraft gesetzt“,

aber die sehr restriktiven Bestimmungen nachher nicht eingehalten. Allein nach dem Iran, damals unter dem Schahregime das foltern liess und Kriege führte, wurde von der Schweiz von 1974 – 1978 für 314 Millionen Franken Kriegsmaterial exportiert. Dem feudalistischen, menschenrechtsverletzenden Regime in Saudi-Arabien verkaufte Helvetien von 1984 – 1988 für 390,3 Millionen Franken Rüstungsgüter. Zahlen laut der Statistik des Bundes. Im ersten Golfkrieg (1980–1988) unterstützte Saudi-Arabien den Irak gegen den Iran. 

Laut Artikel 11, Absatz 2 dieses Kriegsmaterialgesetzes, das ab 1973 Rechtskraft erlangte, hätten keine Ausfuhrbewilligungen erteilt werden sollen:

“a.) nach Gebieten, in denen ein bewaffneter Konflikt herrscht, ein solcher auszubrechen droht oder sonst wie gefährliche Spannungen bestehen; 

b.) wenn Grund zur Annahme besteht, dass Kriegsmateriallieferungen in ein bestimmtes Land die von der Schweiz im internationalen Zusammenleben verfolgten Bestrebungen, insbesondere zur Achtung der Menschenwürde, sowie im Bereich der humanitären Hilfe oder der Entwicklungshilfe, beeinträchtigen.”

70 Experten für Völkerrecht und Strafrecht kritisierten die Kriegsmaterialexporte schon 2009 

Nachdem im Dezember 2008 Kriegsmaterialverordnung verschärft wurde, zeigte sich sehr schnell: Die Verordnung wird überhaupt nicht eingehalten, wie frühere Gesetze und Verordnungen rund um den Kriegsmaterialexport früher auch nicht.

70 Experten für Völkerrecht und Strafrecht gelangten darum im Oktober 2009 in einem offenen Brief an Bundesrätin Doris Leuthard, sowie an die Direktion für Völkerrecht im Aussendepartement von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey an die Öffentlichkeit.

http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/siebzig-rechtsprofessoren-kritisieren-leuthard-1.3844020

Die Professoren bemängelten wie die seit Dezember 2008 geltende revidierte Kriegs­materialverordnung gehandhabt werde. Insbesondere kritisierten sie die Auslegung des Artikels, wonach ein Exportverbot für Länder gilt, die «in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt» sind. Würde dies umgesetzt, hielten die Professoren fest, dürften etwa weder nach Deutschland noch in die USA Rüstungsgüter geliefert werden, denn diese Nationen seien in Afghanistan und im Irak an Kriegen beteiligt. Die Argumentation von Bundesrätin Leuthard, dass die Ausfuhr in diese Länder nicht unterbunden werde, weil Uno-Resolutionen die Teilnahme an diesen bewaffneten Konflikten stützten, sei völkerrechtlich irrelevant. Nicht weniger fragwürdig seien Exporte in Staaten wie Saudi-Arabien oder Pakistan, die Menschenrechte verletzten oder in internen Konflikten stünden, stellten die Rechtsgelehrten fest. Bewilligt wurden diese Lieferungen meist mit der Begründung, dass das Material nicht in bewaffneten Auseinandersetzungen und nur für Missionen mit Uno-Mandaten gebraucht werde. 

Kriegsmaterialverordnung jahrelang krass missachtet: absurderweise jetzt noch entschärft

Um den Rückgang der Kriegsmaterialexporte zu stoppen, ist es bürgerlichen Politikern im Nationalrat gelungen die Kriegsmaterialverordnung, die, wie oben dokumentiert, gar nie eingehalten wurde, zu lockern. Der Nationalrat hat als Zweitrat am 6. März 2014, nach dem Ständerat einer entsprechenden Motion zur Erleichterung des Waffenexportes mit 94 zu 93 Stimmen äusserst knapp zugestimmt. Der Bundesrat hat nun die Kriegsmaterialverordnung am 19. September 2014 angepasst. Ziel dieser Änderung ist es, die regulatorische Benachteiligung der Schweizer Sicherheitsindustrie im Vergleich mit dem europäischen Ausland zu reduzieren. Der Bundesrat hielt aber fest, dass der Menschenrechtsschutz und die humanitäre Tradition der Schweiz keinesfalls preisgegeben werden dürfen. http://www.admin.ch/aktuell/00089/index.html?lang=de&msg-id=54544

Begründet wurde die Lockerung der Bestimmungen für den Waffenexport mit der momentan schwierigen wirtschaftlichen Situation der Schweizer Rüstungsindustrie: Die heutige Regelung führe dazu, dass Schweizer Exporteure gegenüber der europäischen Konkurrenz benachteiligt würden. Man wolle gleich lange Spiesse, forderten bürgerliche Politiker in der Debatte im Parlament.

Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann betonte zudem, die Rüstungsindustrie sei auch für die eigene Landesverteidigung wichtig. Der Bundesrat stellte sich deshalb hinter den Vorstoss einer Erleichterung von Kriegsmaterialexporten.

(http://www.parlament.ch/d/sessionen/sda-sessio­nen/Seiten/20140306_bsd084_R%C3%BCstung.aspx)

„Wachstumsmärkte“ wie Pakistan, Saudiarabien und die Golfstaaten „moralisch vertretbar“ mit Kriegsgeräten beliefern

Bei dieser Erleichterung für den Export von Rüstungsgütern die nun beschlossen wurde, sind „Wachstumsmärkte“ wie Pakistan, Saudiarabien und die Golfstaaten im Visier, die man nun „moralisch vertretbar“ mit Kriegsgeräten beliefern kann. – Nato Staaten die immer wieder Kriege führen um Frieden zu schaffen, werden sowieso beliefert. – Zu der Frage der Landesverteidigung ist zu sagen, dass zwei Firmen die in der Schweiz zu den bedeutendsten Produzenten von Kriegsmaterial gehören, ausländische Rüstungskonzerne sind, Rheinmetall (Deutschland) General Dynamics Mowag (USA). Zu den Arbeitsplätzen der Rüstungsindustrie in der Schweiz ist festzuhalten: Der Flugzeughersteller Pilatus in Stans lässt seine Fluggeräte zum Teil aus Kostengründen in Tschechien, Portugal und Polen zusammenbauen. Die bundeseigenen Rüstungsbetriebe RUAG produzieren zum Teil ihr Kriegsmaterial auch im Ausland. Die RUAG unterhält Produktionsstandorte in Deutschland, Schweden, Frankreich, Österreich, Ungarn, Australien und den USA. Produziert wird also sogar von der RUAG für den internationalen Rüstungsmarkt nicht so sehr für die schweizerische Landesverteidigung, wie Bundes Schneider-Ammann erklärte. 

– Der Krieg in der Ukraine, in Syrien, im Irak, in Somalia, in Afghanistan usw. ist ein Segen für die Rüstungsindustrie, für die Kriegsgewinnler hüben wie drüben. –  

Zur Erinnerung: Schon vor über dreissig Jahren wurde ein Buch zu den schweizerischen Kriegsmaterialexporten veröffentlicht, „Waffenplatz Schweiz, Beiträge zur schweizerischen Rüstungsindustrie und Waffenausfuhr“, 185 Seiten. Herausgegeben für die Tagung: „Für das Leben Produzieren“ in Bern, Oktober 1983 

Nachbemerkung: zu den Zahlen der Kriegsmaterialexporte des SECO

Die veröffentlichten Kriegsmaterial-Zahlen des SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft), täuschen über das wahre Ausmass der Schweizer Rüstungsexporte hinweg. Die besonderen militärischen Güter erscheinen nicht in der Statistik. «Im Jahr 2011 hatte die Schweiz zum Beispiel Rüstungsgüter im Wert von CHF 1977,4 Millionen exportiert, wovon 872,7 Millionen (44%) auf Kriegsmaterial und 1104.7(56%) auf besondere militärische Güter entfielen.» Das bedeutet: Mehr als die Hälfte der exportierten Rüstungsgüter tauchen in keiner Statistik auf.

Auch die „Endempfängerstaaten“ die in der Statistik des SECO aufgeführt werden sind irreführend, denn bei 46 Prozent der Kriegsmaterialexporte ist letztlich nicht bekannt wer der „Endempfängerstaat“ ist, das es ich um so genannte Kleinbestandteile handelt. Diese Kleinbestandteile werden im Ausland in Waffensysteme eingebaut, und werden dann in vielen Fällen irgendwo hin weiterexportiert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert