Krebsrisiko in der Nähe von Atomkraftwerken

Sollen die Atomkraftwerke Beznau 1, Beznau 2, Gösgen und Leibstadt noch möglichst lang betrieben werden, wie es die Gegner der Volksinitiative für «einen geordneten Ausstieg aus der Atomenergie» verlangen? Obwohl: Dieser «geordnete Atomausstieg», über den am 27. November 2016 abgestimmt wird, dauert doch eigentlich sehr lange. Das letzte AKW, Leibstadt, muss erst 2029 abgeschaltet werden. Leibstadt wird also noch 14 Jahre lang weiter hochgiftiger radioaktiver Atommüll produzieren, der zehntausende Jahre strahlen wird. Zu erinnern ist: Für Kleinkinder steigt das Erkrankungsrisiko an Krebsleiden und Leukämie mit zunehmender Nähe des Wohnorts zu einem Kernkraftwerk signifikant und stetig an, wie Untersuchungen in Deutschland zwischen 1980 bis 2003 zeigten. Bei Kernkraftwerken kommt es bei der Belegschaft und auch in der Umgebung durch die Aufnahme kleiner Partikeln von radioaktiven Stoffen in den Körper und deren Verbleib im Gewebe zu einer chronischen Bestrahlung.

Gefahren niedrigdosierter radioaktiver Strahlung, nur ein Märchen?

Die finnische Tageszeitung Helsingin Sanomat hat dazu am 22. Februar 2010 einen Beitrag der deutschen Wissenschaftlerin Prof. Inge Schmitz-Feuerhake veröffentlicht, mit der Überschrift: «Krebsrisiko in der Nähe von Atomkraftwerken» (1)

Die Forschungsergebnisse von Prof. Dr. Inge Schmitz-Feuerhake wurden von der Atomlobby nicht goutiert. In der deutschen TAZ schilderte die Professorin über ihren Kampf gegen Konzerne die nichts wissen wollten von den Gefahren niedrigdosierter radioaktiver Strahlung. (2)

Auch Thomas Mäder schrieb auf Info Sperber: «Kein einziger seriöser Wissenschaftler glaubt an das Leukämie-Märchen – eine entsprechende Studie wurde sogar in der Schweiz durchgeführt: (3) Fazit: «Eine grosse schweizweite Langzeitstudie fand keine Hinweise dafür, dass kindliche Krebserkrankungen in der Nähe von Kernkraftwerken häufiger auftreten als anderswo.« (4)

Auch bei Uranmunition wird eine schädliche Wirkung auf Menschen bestritten. Mit abgereichertem Uran gehärtete Munition, Granaten und Bomben kamen auf dem Balkan, in Afghanistan, im Irak und in Libyen zum Einsatz. Viele Soldaten und Zivilisten wurden krank. Missgeburten häuften sich zum Beispiel im Irak, was von einem Experten des eidgenössischen Labors Spiez des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz, an einer Veranstaltung an der ETH über Uranmunition, jedoch auf die weit verbreitete Inzucht im Irak zurückführte: Der Cousin heirate dort oft die Cousine, meinte er. (5)

Finnland: Nach Olkiluoto noch ein russisches AKW in Pyhäjoki

Trotz der Atomkatastrophe in Tschernobyl und in Fukushima und den Gefahren niedrigdosierter radioaktiver Strahlung bei AKWs baut Finnland jetzt ein neues Atomkraftwerk in Pyhäjoki, (Pyhäjoki = heiliger Fluss) in Nordfinnland am Bottnischen Meerbusen, rund 100 Kilometer südlich der Stadt Oulu. Das AKW russischer Bauart wird zusammen mit der staatlichen russischen Firma Rosatom erstellt.

An der Westküste Finnlands, in Olkiluoto, ist seit 2005 auch ein neues Atomkraftwerk im Bau. Der Areva-Siemens Reaktor dort, sollte 2009 den Betrieb aufnehmen. Heute wird Ende 2018 mit dem Betriebsbeginn gerechnet, also neun Jahre später als geplant. Der Kaufpreis für das Kernkraftwerk Olkiluoto wurde ursprünglich schlüsselfertig auf 3,2 Milliarden Euro (CHF 3.43 Mia.)  angesetzt. Heute wird mit Baukosten von 8,5 Milliarden Euro (CHF 9.12 Mia.) gerechnet.

AKW Leibstadt rentiert schon lange nicht mehr

Das Atomkraftwerk Leibstadt soll also noch bis 2029 betrieben werden. Wirtschaftlich gesehen hätte Leibstadt eigentlich schon gestern verschrottet werden müssen. (6)

 Quellen:

(1) «Krebsrisiko in der Nähe von Atomkraftwerken», Prof. Dr. Inge Schmitz-Feuerhake, Hannover (siehe unten der deutsche Text)

(2) «Ein kriminalistisches Lehrstück» VON GABRIELE GOETTLE, http://www.taz.de/!437025/

(3) http://www.canupis.ch

(4) http://www.infosperber.ch/Artikel/Umwelt/Atomausstieg1 (Kommentar von Thomas Mäder)

(5) http://www.neopresse.com/politik/usa/usa-setzen-erneut-auf-uranmunition-immer-mehr-krebsleidende-kriegsgebieten/

(6) «Als sich die NZZ noch übers AKW Leibstadt mokierte» von Kurt Marti  http://www.infosperber.ch/Artikel/Umwelt/Atomausstieg1

Kinderkrebs bei deutschen Kernkraftwerken

Prof. Dr. Inge Schmitz-Feuerhake, Hannover

Seit Jahrzehnten hat es in Deutschland Debatten um beobachtete Leukämieerhöhungen bei Kernkraftwerken gegeben. Eine herausragende Häufung kindlicher Leukämiefälle, die ab 1990 in unmittelbarer Nähe des Kernkraftwerks Krümmel bei Hamburg auftrat, wurde von Regierungsseite als derzeit unerklärliches Phänomen deklariert. Ende 2007 ergab die Kinderkrebsstudie für die Gesamtheit der deutschen Anlagen (KiKK-Studie) eine systematische Erhöhung, die offiziell nicht mehr bestritten wird. Für Kleinkinder steigt das Erkrankungsrisiko an Krebsleiden und Leukämie mit zunehmender Nähe des Wohnorts zum Kernkraftwerk signifikant und stetig an. Der Untersuchungszeitraum umfasste die Jahre 1980 bis 2003.

Eine andere Erklärung als die radioaktiven Emissionen der Anlagen wird nicht geliefert und kann auch nicht geliefert werden, da alle nur denkbaren anderen Verursacher im Fall Krümmel abgeprüft worden sind sowie auch bei der KiKK-Studie verworfen werden müssen. Die deutsche Strahlenschutzkommission, Berater der Regierung, behauptet demgegenüber, die Strahlendosis der Bevölkerung sei mehr als 1000-fach zu klein, um den Effekt hervorzurufen. Einer öffentlichen wissenschaftlichen Diskussion stellt sie sich aber nicht.

Der scheinbare Widerspruch zwischen dem Effekt und den sehr geringen offiziellen Dosiswerten kann mehrere Gründe haben:

Die radioaktiven Abgaben der Atomkraftwerke über den Schornstein und in das Abwasser werden nur von den Betreibern kontinuierlich und vollständig gemessen. Die Umgebungsüberwachung ist lückenhaft, die besonders wirksamen Alphastrahler (wie Plutonium) werden nicht kontrolliert. Umweltschützer haben mehrfach radioaktive Stoffe bei Kernkraftwerken aufgefunden, die mit den amtlichen Angaben über die Emissionen nicht vereinbar sind.

Der Zusammenhang zwischen Dosis und Krebserkrankung wird üblicherweise aus Befunden bei den Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki abgeleitet. Kritiker machen geltend, dass dieser Fall nicht übertragbar ist, weil er sich auf eine kurze blitzartige Exposition mit durchdringender Gammastrahlung bezieht. Bei Kernkraftwerken kommt es hingegen durch die Aufnahme radioaktiver Stoffe in den Körper und deren Verbleib im Gewebe zu einer chronischen Bestrahlung, die höhere Wirkungen erzeugen kann.

Die Bevölkerungsdosis kann nicht gemessen werden. Sie muss über eine Modellrechnung mit sehr vielen Parametern ermittelt werden. Die Fehler der Rechnung sind unbekannt.

Die Dosisbestimmung im Fall inkorporierter Radioaktivität ist gerade beim Kleinkind besonders schwierig. In Frage für die Krebsentstehung kommt aber erwiesenermaßen auch die Exposition als Embryo im Mutterleib, bei dem sich die Entwicklungsphasen sehr schnell ändern. Leukämie ist eine typische Folge nach Bestrahlung des blutbildenden Systems. Englische Forscher haben extreme Wirkungen von Alphastrahlern auf das blutbildende Zellsystem im Vorstadium der Organentwicklung festgestellt (Tierversuche aufgrund des Leukämieauftretens bei der britischen Anlage Sellafield zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen).

Die KiKK-Studie bestätigt zahlreiche internationale Befunde, die schon lange vorliegen. Die stereotype Behauptung der jeweils Verantwortlichen, die Dosisermittlung sei „konservativ“, d.h. auf der sicheren Seite liegend, ist wissenschaftlich nicht haltbar. Zahlreiche Untersuchungen haben sich seit Jahren mit den Unsicherheiten der Dosisermittlung befasst. Sie zeigen auf, dass die Fehler bei der Berechnung der Ausbreitung der radioaktiven Stoffe, des Stofftransports in der Umwelt bis zu den Nahrungsmitteln (Kuh-Milch-Weidepfad usw.) und des Stoffwechsels der radioaktiven Stoffe im menschlichen Körper Zehnerpotenzen betragen können.

Der Widerstand der deutschen Behörden gegenüber der Anerkennung naheliegender Fakten wird jedoch erheblich bleiben. Müsste man den Zusammenhang mit Radioaktivität zugeben, würde die eigentliche Katastrophe offenbar: das gesamte Konzept der Überwachung kerntechnischer Anlagen in Deutschland und ihrer Folgen ist offensichtlich fehlerhaft.

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