50 Jahre nach dem Mord an Martin Luther King

Vor 50 Jahren, am 4. April 1968, wurde Martin Luther King während eines öffentlichen Auftritts an einer Kundgebung der Bürgerrechtsbewegung ermordet. Seine Rede “I have a dream” (Ich habe einen Traum) wurde weltberühmt. Das gewaltfreie Erbe von MLK ist gross und wird in diesem Jahr viel zu reden und zu schreiben geben. Viele möchten MLK ein wenig für sich beanspruchen. Doch das Erbe ist anspruchsvoll und nicht ohne Risiko in der heutigen Zeit des enger werdenden Spielraums. King war inspiriert von Henry David Thoreau (1817-1862), von Gandhi (1869-1948) und von Leo Tolstoï (1828-1910). Alle diese Persönlichkeiten sind heute von grosser Bedeutung und es empfiehlt sich sie zu lesen bzw. sich um ihren Einsatz, ihre Motivation und Ansätze zu interessieren. Sie sind nicht Gefangene der Obsession um Kommunikation und Sichtbarkeit, ihr Ansatz war nicht der des erfolgreichen Marketing. Sie waren auf der Suche nach Authentizität und Wahrheit. Der Widerstand – unpopulär und riskant – wird  unausweichlich für sie wie er es für Martin Luther King war.

Es bestand immer wieder die Tendenz, aus King eine Ikone der Gewaltfreiheit werden zu lassen. Dieser war ohne Zweifel ein Prophet und ein Vorbild der Gewaltfreiheit und des Gewaltfreien Widerstandes. Sein Wirken war stets verbunden mit dem Kampf für die Menschen- und Bürgerrechte, für Gerechtigkeit und Freiheit, insbesondere derer, welche zu einer grossen Minorität gehörten. Gewaltfreiheit ist keine Technik für King, auch nicht ein Zweck in sich selber. Viel mehr ist sie die Natur des Kampfes in Echtheit und prophetischer Wahrheit. Wahrheit, die aufrüttelt und Konflikte aufdeckt, wie MLK einst sagte als man ihm vorwarf er schaffe Konflikte. Das ist unbequem, vor allem für diejenigen, die sich in sicherer Überlegenheit wähnen.

Wie sehr ist es in unserer Gesellschaft üblich, Ungerechtigkeit in Kauf zu nehmen und gar zu verteidigen um Konflikte zu vermeiden. Dabei braucht eigentlich niemand ein Held zu sein. Es genügt und ist genügend anspruchsvoll, für Wahrheit und Gerechtigkeit feinfühlig zu sein wie es King war und diejenigen, welche ihn inspiriert haben. Gewaltfreier Widerstand ist allen zugänglich. In unserer Zeit, wo es gang und gäbe ist, Andere zu erniedrigen und zu verunglimpfen ohne über genügend Hintergrundkenntnisse oder Beweise zu verfügen, ist das Lernen des gewaltfreien Widerstandes dringend notwendig geworden.

Ich kenne mehrere Personen, die mit King zusammenarbeiteten und hatte wiederholt Gelegenheit, seine Kirche Eben Eher in Atlanta zu besuchen. Ihr Zeugnis zeigt, dass Martin Luther King ein Mensch der seinesgleichen sucht und doch wie so viele andere war. Weit davon entfernt, perfekt zu sein. Er war Christ, doch ohne dogmatisch zu sein. Er hatte Feinde, wie jeder Prophet. Er hatte seine schwierigen und widersprüchlichen Seiten. Doch er bleib seiner Berufung und seinem Traum treu. Ein Traum der nichts weniger herbei sehnt und wirkt als das Reich Gottes.

Siehe auch Ueli Wildberger: Zum 50. Todestag von Martin Luther King Jr.

Empfehlenswert auch der Artikel “Aucun idéalisme béat chez Martin Luther King” von Sylvie Laurent in La Vie No 3783 du 1. – 7. März 2018.

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